Die Mensa mit der größten Nachfrage


Stades Erster Stadtrat Kraska zur Kritik an den hohen Kosten des

Gesamtschul-Erweiterungsbaus: „Was wir planen, ist kein Luxus“
 

Von Karsten Wisser


 

STADE. Es gibt gute Argumente dafür, dass die Integrierte Gesamtschule Stade (IGS) die größte Mensa im Kreis bekommt. Wie das TAGEBLATT berichtete, hatten Stader Kreistagsabgeordnete die Erweiterung der Mensa am Schulzentrum Hohenwedel im Rahmen der Haushaltsberatungen für 2014 als zu teuer kritisiert. Aktuell soll die Mensa 1,15 Millionen Euro kosten und es sollen dort 360 Mensa-Plätze entstehen.

Das wäre mit einigem Abstand die größte Mensa an einer allgemeinbildenden Schule im Kreis. Andere Schulen wie das Gymnasium Süd in Buxtehude, das Athenaeum oder die Integrierte Gesamtschule in Buxtehude haben deutlich weniger Mensa-Plätze. Die Gymnasien haben knapp unter 200 Plätze, die IGS in Buxtehude 150.

In der Frage der Kosten signalisiert Stades Erster Stadtrat Dirk Kraska gegenüber dem TAGEBLATT, dass es das Ziel des nächsten Gesprächs mit der Landkreisverwaltung sei, die Kosten für den Mensa-Erweiterungsbau auf unter eine Million Euro zu senken. Das Treffen wird am Montag nächster Woche stattfinden, am Mittwoch darauf findet eine gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Schulen, Bildung und Sport und des Ausschusses für Feuerwehr, Sicherheit und Verkehr statt, um den Erweiterungsbau der Mensa auf den Weg zu bringen. Die Sitzung wird vor Ort in der Mensa stattfinden und um 18 Uhr beginnen.

Das Instrument für eine mögliche Kostenreduzierung begründet sich aus der Entstehungsgeschichte der IGS. Der Kreis ist der gesetzliche Träger der neuen Schulen und gab die Trägerschaft an die Stadt Stade ab. Die hat sich dafür aber zusichern lassen, dass der Kreis „IGS-induzierte Kosten“ zu 100 Prozent trägt. Von anderen Schulbau-Investitionen im weiterführenden Bereich zahlt der Kreis dagegen „nur“ 72 Prozent. Es gibt allerdings eine Grauzone in der Frage, was man am Schulzentrum Hohenwedel umgebaut werden muss, weil es für die IGS notwendig ist und was der Schulträger ohnehin hätte machen müssen. Auf dieser Basis könnten die Kosten für den Kreis gesenkt werden. Kraska sagt deutlich: „Was wir an der IGS planen, ist kein Luxus und kein Wünsch-dir-was.“ Es gehe um Notwendigkeiten.

„Das gemeinsame Mittagessen hat eine besondere Bedeutung“, sagt Ute Bruns, didaktische Leiterin der Gesamtschule. Das gemeinsame Essen der Schüler in den Jahrgängen 5 bis 7 ist im pädagogischen Konzept der Ganztagsschule verankert. Das gemeinsame Essen soll das Wir-Gefühl stärken und als Sozialtraining dienen. Ein Beispiel: Abwechselnd holen Schüler das Essen für eine Gruppe von der Ausgabe an den Tisch, und die Schüssel mit der meist begehrten Nachspeise muss dann eben für alle reichen. Es ist auch erklärte Politik der Stadt Stade, dass das Schulkonzept die räumlichen Gegebenheiten bestimmt und nicht umgekehrt. Das heißt, da die Teilnahme für die Klassen 5 bis 7 am Mittagessen verbindlich ist, dass pro Jahrgang rund 150 Schüler essen. Gemeinsam mit rund 50 bis 70 Schülern aus der achten Jahrgangsstufe werden derzeit in der Mensa der IGS über 500 Essen ausgegeben. Das funktioniert in einem Vier-Schichtbetrieb nur, weil ein mit einer Leichtbauwand abgetrennter Flur und zwei Klassenräume mitgenutzt werden. Die beiden Klassenräume werden aber zwingend für den Ausbau der Schule benötigt. Die jetzt vier Jahre alte Schule wächst weiter. Die Ausgabeküche ist zudem an ihrer Kapazitätsgrenze. Die fünften Klassen fangen um 11.35 Uhr an, die achten Klassen sind gegen kurz vor 13 Uhr dran.

Die Stadt Stade rechnet damit, dass in einigen Jahren mit einer Oberstufe in der IGS dort 770 warme Mittagessen ausgegeben werden. Nicht mit eingerechnet sind dabei Schüler, die eigenes Essen mitbringen. Andere Schulen mit vergleichbaren Schülerzahlen, wie sie die IGS dann haben wird, kommen nicht einmal auf die Hälfte dieser Essen-Ausgabe-Zahlen. Beim Athenaeum in Stade sind es derzeit rund 300 Essen.

 

Der Standpunkt

von Karsten Wisser
Verursacherprinzip: Bitte zahlen

http://tb-red.nc.newsfactory.de/cms_media/module_img/6013/3006658_1_org_wisser_karsten.jpgDer Landkreis Stade ist in Sachen Integrierte Gesamtschule (IGS) Stade so ein bisschen in der Position eines Vaters, der mit dem von ihm gezeugten Kind nichts zu tun haben will. Trotzdem hat er dafür zu zahlen – Verursacherprinzip.
Warum? Alle Entscheidungen, die der Gründung der damals ersten IGS im Landkreis Stade vorausgingen, wurden im Kreistag getroffen, zuerst gegen den Willen der Landkreisverwaltung und der normalerweise das Geschehen im Kreistag kontrollierenden CDU-Fraktion. Zufall, örtliches Interesse und das taktische Geschick des damaligen SPD-Kreistagsfraktionschefs Egon Ohlrogge brachten das Kind IGS etwas überraschend zur Welt. Dass der Kreis die Verantwortung für die Schule dann ganz schnell an die Stadt Stade weitergereicht hat, war auch aus dieser Entstehungsgeschichte zu erklären.
Aber genau diese Entscheidung führt jetzt dazu, dass der Kreistag zwar die Rechnung vorgelegt bekommt, aber nur sehr begrenzt mitreden darf. Selbst Schuld. Die Chance, eine neue Schulform mit einem neuen pädagogischen Konzept mit aufzubauen, wurde einfach aus der Hand gegeben.
Also, liebe Kreistagspolitiker: Freut euch aus der Distanz über die gute Entwicklung der IGS. Sie wächst und gedeiht, und der Verursacher muss die Rechnung zahlen – bitte klaglos.

 

Stader Tageblatt, 22.11.13