In der
Kreativen Schreibwerkstatt an der IGS gibt der Schriftsteller
den
Jugendlichen Impulse für ein bewusstes Schreiben:
Nevfel
Cumart mit der 15-jährigen Farhana.
STADE. Wenn Jugendliche eine kreative
Schreibwerkstatt des aus Stade stammenden Dichters Nevfel Cumart
besuchen, kommen dabei ungewöhnliche Texte heraus. Der Schriftsteller,
der in Bamberg lebt und jetzt in Berlin mit dem Verdienstkreuz am Bande
ausgezeichnet wurde, ist häufig in Stader Schulen zu Gast. So auch im
März und Juni in der IGS. Unter dem Motto „Entdecke dein Leben“
schrieben Jugendliche anrührende Geschichten und Gedichte über
Familienschicksale, ihre Herkunft, Heimat und Wünsche. Drei Schülerinnen
präsentieren ihre Ergebnisse.
15 Schülerinnen der siebten und achten Klassen hatten an
der Schreibwerkstatt teilgenommen. Unter der Anleitung des
türkischstämmigen, bundesweit bekannten Lyrikers verfassten auch sie
persönliche Texte: Janine (13) schrieb über ihren vor zwei Jahren
verstorbenen Vater, Farhana (15) über die Verwirklichung ihrer Träume,
Andrea (14) über die Orte, an denen sie zu Hause ist und die für sie
Heimat bedeuten. Die Versform Akrostichon (Deutsch: Leistenvers) lernte
die 14-Jährige kennen und erarbeitete ein kleines Gedicht über ihre
Zuhause. Die Anfangsbuchstaben der Verszeilen hintereinander gelesen,
ergeben die Worte „Mein Zuhause“.
Beim Bergfest des Stader Modellprojekts „Du bist
wichtig“ im Juni lasen zwei der 15 Schülerinnen ihre Texte vor.
Mein Papa fehlt mir
von Janine (13)
Mein Papa war für mich der beste Papa auf der Welt. Einen
besseren konnte ich mir gar nicht vorstellen.
Wir haben immer zusammen gespielt, als ich klein war und vor
zwei Jahren. Er hat auch immer meine Lieblingssuppe Brotsuppe
gemacht. Oder auch immer meine Lieblings-Baguettes mit
Hackfleisch und Käse. Ich hatte mich immer darauf gefreut.
Er ist immer mit mir, als ich klein war, in den Park gefahren
oder auch an die Elbe. Dort sind wir dann immer mit meiner
Mutter spazieren gegangen und haben Muscheln gesammelt. Er hat
mir meine Schaukel und mein Fahrrad repariert. Er hat immer mit
mir Ritter und Magie-Spiele am PC gespielt.
Ich hab mich besonders gefreut, als er mir einen Hamster aus
Polen als Geschenk mitgebracht hatte. Auch als wir in Polen
waren, sind wir zusammen spazieren gegangen. Ich hatte es immer
geliebt, mit meinem Papa Zeit zu verbringen.
Wir hatten immer eine Menge Spaß zusammen, zum Beispiel, als
ich die Elch-Statue hinauf klettern wollte. Ich denke gerne an
die Zeit zusammen zurück. Er hatte auch jedes Versprechen
gehalten, das er mir gab.
Ich vermisse meinen Papa sehr.
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So leben wie ich will
von Farhana (15)
Mein Leben war und ist voller Neid. Alle wollen, dass ich
seine Söhne heirate, obwohl das mein Leben ist und nicht von
denen. Ich möchte mal ganz einfach leben, ohne etwa zu hören,
deine Verwandten sind neidisch …
Ich lebte in Pakistan und mein Leben war die Hölle. Ich war
mal so sechs Jahre alt, bevor ich nach Deutschland kam. Ich war
klein und musste mit ansehen, wie meine Mutter fast von meinen
Verwandten umgebracht wird. Ich selbst muss heulen, wenn ich
schon daran denke, wie die Zeit für mich schlimm war und für
meine Brüder …
Nach ein paar Jahren kam ich nach Deutschland und freute
mich, dass ich hier zur Schule gehen darf, was ich in Pakistan
nicht konnte, weil man hatte Angst, verschleppt zu werden,
obwohl ich zu einem Internat ging …
Ich war sehr schlau oder hoch begabt, aber durch Angst konnte
ich nichts anfangen mit meinen Talenten …
Hier kann ich mit anderen etwas machen, ohne Angst zu haben,
dass jemand hinter meiner Mutters Leben her ist.
Pakistan ist für mich meine Heimat, weil ich da meine
Religion und ein paar schöne Erlebnisse hatte.
Ich möchte mal so leben wie ich will. Alles machen was ich
will. Mein Leben in den Griff bekommen. Ich mag nicht so gut in
der Schule sein, aber ich habe Träume, die ich wirklich erfüllen
will. Ich möchte und will nicht so leben, wie meine Bekannten,
die direkt heiraten und Kinder bekommen …
Ich möchte nicht so sein wie die. Ich möchte mal so richtig
was machen, ich gehe nicht umsonst zur Schule. Ich will nicht
wie im Mittelalter leben, sondern etwas schaffen.
Zurzeit kommt mir alles so vor, als wäre meine Heimat
Deutschland, aber so ein Gefühl habe ich für Pakistan, aber
ehrlich gesagt war ich mal in Mekka und da kam mir sofort, dass
ich da leben will. Ich bin nicht die, die irgendwo stehenbleibt,
sondern die, die alles kennenlernen will …
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Verse
von Andrea (14)
Mein Zuhause
Mein Zuhause ist in Stade.
Eigentlich bin ich am liebsten
in Spanien.
Ich habe einen Hund, einen
West Highland White Terrier namens Randy.
Natalia heißt meine Schwester.
Zuhause ist es sehr schön.
Unbedingt will ich perfekt
Keyboard spielen.
Hausaufgaben mag ich nicht
so gerne.
Aus Spanien kommen meine
Eltern.
Und in Spanien ist es sehr
schön und warm.
Sommerferien in Spanien
liebe ich.
Eigentlich will ich gerne öfters
nach Spanien fahren.
Meine Heimat
Meine Heimat ist für mich in Spanien,
weil dort meine ganze Familie lebt und ich mich dort sehr wohl
fühle.
Ich liebe es, die Sommerferien in Spanien zu verbringen,
weil es dort so warm und schön ist. |
Stader Tageblatt, 19.7.14
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