Spiel im Freien: Gemeinsam lassen sie Bälle auf einem Tuch hüpfen
STADE. Einige Schüler der 10. Klasse der IGS Stade haben ein Asylbewerberheim in Wiepenkathen besucht. Jugendreporterin und IGS-Schülerin Lena Köhler (16) war dabei, um sich einen Eindruck zu verschaffen und die Asylbewerber kennenzulernen.
Es fing alles damit an, dass IGS-Lehrerin Annette Wiederspahn in der Projektwoche ein Projekt zum Thema „Respekt vor dem Ehrenamt“ anbot. Dabei lernten die Schüler freiwillige Helfer kennen, unter anderem Heidrun Koch, die sich in der Wiepenkathener „Initiative 132“ engagiert, und die Bewohner einer Flüchtlingsunterkunft in Wiepenkathen unterstützt. Die Idee kam auf, die Flüchtlingsunterkunft zu besuchen und dort einen Spielenachmittag zu veranstalten.
So fanden wir – zehn Schüler und Schülerinnen und Annette Wiederspahn – uns
eines Nachmittags vor der Flüchtlingsunterkunft wieder, beladen mit
Gesellschaftsspielen und Süßigkeiten. Einige kannten Heidrun Koch schon von der
Projektwoche. Andere, zu denen ich auch zählte, hatten nur von der Aktion
gehört, aber trotzdem Lust, die Flüchtlinge zu besuchen und mit ihnen einen
schönen Nachmittag zu verbringen.
Bei der Führung durch das ehemalige Wohn- und Geschäftshaus erzählte uns Heidrun
Koch, dass 37 Asylbewerber hier ein vorläufiges Zuhause gefunden hätten. Sie
kommen aus Mazedonien, Albanien, Serbien und Somalia. Die Besichtigung endete in
einem gemütlichen Gemeinschaftszimmer, in dem die Flüchtlingskinder spielen und
die Erwachsenen sich zum Plaudern treffen. Es herrschte eine freundliche und
offene Stimmung.
Die Flüchtlingskinder waren gleich Feuer und Flamme für die Spiele, die wir
mitgebracht hatten. So verbrachten wir einige Zeit mit „Mensch-ärgere-dich-nicht“
und „Halli Galli“. Nicht nur den Kindern machte es Spaß, auch der 15-jährige
Jan-Hinnerk Vollmers freute sich: „Endlich mal wieder ‚Eisenbahn‘ spielen.“ Es
wurde viel gelacht, und einige Kinder erzählten uns ein wenig von ihrer Heimat.
Ich war überrascht, wie gut sie schon Deutsch sprechen konnten. Mit anderen
konnten wir uns auf Englisch unterhalten. Und wenn das nicht klappte, nutzten
wir die Zeichensprache.
Später gingen einige raus, um Fußball zu spielen. Zum Schluss holten wir uns ein
großes Tuch und ließen ein paar Bälle darauf hin- und herspringen. Dabei machten
alle mit. Die Erwachsenen schwangen das Tuch, während die Kinder fröhlich unter
dem Tuch hin- und herliefen. Ein weiteres Highlight war der Motorroller, mit dem
eine Schulkameradin gekommen war.
Beim Aufräumen hatte ich noch die Möglichkeit, mich ein wenig mit Heidrun Koch
zu unterhalten. Sie erzählte mir, ihre Eltern seien selbst Flüchtlinge gewesen.
Als in den 60er Jahren Gastarbeiter nach Deutschland kamen, kümmerte sich ihr
Vater um eine italienische Familie, zu der sie immer noch Kontakt halten.
Deshalb kümmert sie sich heute um die Flüchtlinge.
„Es war sehr toll“, sagte Michelle Sakorezki hinterher über den Nachmittag. „Wir
wurden gut aufgenommen und ich habe mich sehr wohl dort gefühlt.“ Lars Ole Grade
(15) hat der Tag ebenfalls viel Spaß gemacht. „Alles ganz nette Menschen“, fand
er. Besonders die achtjährige Denita aus Serbien freute sich über unseren
Besuch. Sie sagte mir: „Es ist gut, wenn ihr kommt.“
Mir hat am besten gefallen, wie herzlich die Flüchtlinge miteinander umgehen.
Trotz Altersunterschied und verschiedener Nationen bilden sie eine Gemeinschaft,
in die wir alle gleich aufgenommen wurden. Sie begegneten uns ohne jegliche
Vorurteile, genauso, wie wir es auch tun sollten.
Stader Tageblatt, 02.10.15